Über uns
" Als junger Winzer kam es für mich nicht in Frage, mich der Natur unterzuordnen. Ich wollte der Boss sein. Ich hatte die Reben und die Weine voll und ganz unter meiner Kontrolle. Und obwohl ich Wein exakt so machte, wie ich es mir vorgenommen hatte, konnte keines der Ergebnisse mich wirklich begeistern. Bis ich erkannte, dass meine Herangehensweise der Erschaffung eines wahren Kunstwerks im Wege stand, denn die Originalität, die Einzigartigkeit eines Ortes, nach der ich so fieberhaft strebte, hing im Grunde genommen einzig und allein davon ab, eben jenem Ort die Freiheit zu geben, sich selbst auszudrücken." (Anselm Selosse - der bekannte Champagnerwinzer könnte nicht besser formulieren, wie sich Burgund in den besten Fällen in den letzten drei Dekaden wieder auf sich selbst besonnen hat)
Le Pinot Noir, 1994 gegründet, fokussiert auf die Terroirweine Burgunds und des Rhônetals, entsteht aus privaten Erfahrungen vor Ort in Burgund und an der Rhône, die seit Mitte der 80er Jahre gemacht wurden.
Der Feststellung, dass die Erzeuger einer neuen, den Böden und der Güte wieder deutlich näheren Winzergeneration, in Deutschland unbekannt sind, folgt der Gründungsentschluß. Ein Entschluß, der übrigens konträr zur seinerzeitigen, oft berechtigten, schlechten Reputation Burgunds stand. Unverändert ist zwar das Burgund von heute unterteilt in erstrangige, aufstrebende und andere Domänen (was bereits die Subsumierung der Ergebnisse unter den angeblich alles erklärenden Begriff 'Jahrgang' als falsch kennzeichnet). Jedoch ist die Entwicklung so bemerkenswert wie unumkehrbar, die Burgund - durchaus allgemein - seit Anfang der 90er Jahre genommen hat.
Heute ist Burgund wieder die weltweite Referenz für - mögliche - unerreichte Sinnlichkeit von Wein. Ausgeschlossen das mit den (auch heute noch keineswegs so selten in Burgund angewandten) Praktiken wie Pestizideinsatz (Herbizide, Fungizide, Insektizide), womit die Symbiose zwischen Rebe und Boden zerstört wird, fehlender oder ungenügender Traubenauslese, Priorisierung der Menge ggü. der Qualität oder mangelndem Kellerequipment zu erreichen. Hiervon, in der einen oder anderen Form, war aber das so reputierte Burgund Anfang der 90er Jahre noch deutlich geprägt. Bezeichnend für die damalige Zeit der Ausspruch Claude Bourguignons, zusammen mit seiner Frau Lydia führend als Mikrobiologen des Weinbergs, die Böden Burgunds enthielten weniger Leben als die der Sahara.
Doch schlummert in einer historisch so großen Weinregion wie Burgund stets der Keim der Revitalisierung. Was junge Winzer sogar noch von den eigenen Großvätern lernen konnten, das war seinerzeit die Wiederentdeckung einer großen und entscheidenden Tugend der Vergangenheit - hinter dem Terroir zurückzustehen, es in seiner Eigenart zu respektieren, seine Größe herauszuarbeiten statt es per tötenden Pestiziden, unreifer Frucht, Zusätzen bei der Vinifikation etc. zu einer Karikatur seiner selbst werden zu lassen. Also im Verständnis der Funktionsweise von Boden u. Rebe zu einer reifen Frucht zu gelangen statt klingende Etiketten mit mattem, enttäuschendem Inhalt zu produzieren - Anfang der 90er Jahre beginnt bei einigen Domänen, geführt von jungen Winzern wie z.B. einem Denis Mortet in Gevrey-Chambertin, ein Weg der weitgehenden Veränderung. Eine Veränderung, die u.a. Lalou Bize-Leroy bereits 1989 mit der Umstellung auf biodynamische Bewirtschaftung des Weinbergs initiiert hatte.
Burgund hat seitdem nicht aufgehört, Jahr für Jahr, zumindest in der sich verbreiternden Spitze, diesen Weg weiterzugehen. Wir sind in jedem Jahr seit 1994 mehrmals direkt vor Ort, diskutieren mit den Winzern, (und arbeiten dabei nicht hastig 15 Minuten-Termine ab) wählen die Weine des Angebots prinzipiell nur nach eigenem Geschmack aus. Reputation des Winzers, die kommerzielle Verwertbarkeit seines Namens über das Bekanntwerden per Weinjournalismus, ist nicht unsere Leitlinie. Einen Mortet, Cathiard, Mugneret, Fourrier, um nur ein paar Namen zu nennen - wer kannte diese Winzer in Deutschland Mitte der 90er Jahre ? Und wer kennt heute einen Thomas Collardot, Bénigne Joliet oder Thomas Bouley ? Zugegeben - mittlerweile sind sie auch in den Fokus des Weinjournalismus geraten. Nicht zu ändern, jedoch nicht einfach nur positiv.
"Vor allem darf man Burgund nicht auf seine bekanntesten Lagen reduzieren." (Aubert de Villaine, DRC)
Klingende Lagennamen, Hype um (ganze) Jahrgänge sind - jedenfalls per se - unpassende Schlüssel, um für sich die feinsten Weine Burgunds zu erschließen. Und damit die großen Terroirs der Region, die sich übrigens nicht auf die wenigen in der Öffentlichkeit bekannten Lagen reduzieren. Es ist immer wieder mit Nachdruck anzumerken, dass äußerliche Dinge wie klingendes Lagenetikett oder die angeblich garantierte Grösse der Weine eines bestimmten Jahrgangs, ja nicht einmal unbedingt die Reputation eines Winzernamen zwangsläufig dazu führen, Sinnlichkeit und Klasse im Glas zu finden. Beispiele dafür, dass grosse Lagennamen, der angeblich per se so große Jahrgang, nicht zuletzt auch der Größe verheißende Winzername (teure) Enttäuschungen nicht ausschliessen, würden nach der Erfahrung der letzten Dekaden viele Seiten füllen.
Wenn die Gegenbeispiele dafür, dass ein hohes Jahrgangsimage oder ein berühmter Winzername Güte garantiere, von großer Zahl sind, kann sich umgekehrt große Sinnlichkeit bei geringerem Jahrgangsimage oder Reputationsgrad des Winzers ebenfalls leicht einstellen. Zitieren wir hier allein das Beispiel der 98er Vosne 1er Cru Suchots der Vosne-basierten Domainen Cathiard und Mugneret, die sich siebzehn Jahre später als wundervolle Weine erwiesen - weder war "der" Jahrgang seinerzeit hochgelobt von einem nach welchen Kriterien auch immer verkostenden Journalismus (der Weinhandel hat sich ja weitestgehend als eigenständige Instanz in Sachen Verkostung aus dem Spiel genommen, ist meist Appendix des Weinjournalismus) , noch waren diese beiden Domänen (von Insidern abgesehen) seinerzeit sonderlich bekannt. Jedenfalls waren diese herrlichen Suchots - logisch bedarf es des Nachweises ohnehin nicht - ein schöner Beleg für den Fehler, sich nach Domänen- oder Jahrgangsimage zu richten. Sicher, den Standpunkt, einem Image, Reputation nachzujagen, den gibt es gar nicht selten. Dafür existieren genügend andere Angebote. Angesprochen in diesem Angebot sind aber Geniesser, die zu verkosten wissen, Reputation und Weinqualität voneinander zu unterscheiden vermögen.
Dieses Angebot ist also entscheidend eine Sache des Vertrauens, das man einem Weinhandel entgegenbringt, der altmodisch und ohne jede Beeinflussung durch modisches Angesagtsein vor Ort seine Arbeit macht.
Die Kriterien, denen die Winzer auch neben dem allerdings entscheidenden des Geschmackstests entsprechen sollten, sind:
- organische Arbeit im Weinberg (Anteil so produzierender Betriebe an der Côte d'Or ~ 20%)
- traditionell-manuelle, Frucht wie Rebe maximal schonende Ernte
- natürliche Hefen (Hefen sind je eigener Teil des Terroirs)
- natürliche Vinifikation, keine Zusätze (Ausnahme: Sulfite - dann möglichst natürlicher Provenienz, vor allem in sehr geringer Dosis)
Weil es eben nicht zuletzt auch darum geht, ein gesundes Produkt vorzulegen. Doch nicht nur - denn allein mit dem Verständnis, dass man sich von der Natur leiten lassen muß, Wein eben nicht gemacht werden soll, weil er dann belanglos-repetitiv wird läßt sich tatsächlich von Weinen des Terroirs sprechen. Es ist eben kein Zufall, dass Burgund aktuell die aufregendste, führende Weinregion weltweit ist. Dass in einem Hotspot wie Burgund, der etwa viermal weniger Wein erzeugt als das Bordelais und in der letzten Dekade mehrmals größere jahrgangsbedingte Verluste zu verzeichnen hatte, dem die Struktur der französischen Erbgesetzgebung erhebliche Belastungen verschafft und den die enorme Inflation für Glas, Kartonage etc. jedenfalls nicht verschont, steigende Preise zu gewärtigen sind, verwundert nicht. Ob man dann jeden, durch Spekulation weiter befeuerten Preis, zahlen muss, bezweifle ich dennoch.
Im Unterschied zum Anfang der 90er Jahre sind natürlich auch andere Anbieter mittlerweile auf den Zug Burgund aufgesprungen, wobei sie (und auch zu viele Weininteressierte) verpassen, dass es eben nicht um die Region überhaupt geht.
Sofern die Rhône einen ähnlichen Weg geht wie bei einem Yann Chave, Thierry Allemand, Jèrôme Bressy oder Emmanuel Reynaud (und natürlich anderen Winzern), so sind auch diese Weine jeden Umweg wert. Wer die großen Weine der Rhône jedenfalls per se für "zu alkoholisch und schwer" hält, wie es ein beachtlich verbreitetes Vorurteil will, der irrt. Gereifte Rhôneweine können vielmehr zu enormer Finesse, Harmonie, Distinktion und großer Originalität finden, große Weine, bei denen deplaziert ist, sie auf junge Fruchtbetontheit zu reduzieren. Frucht - Wein ist fermentierte Frucht - ist zwar eine Seite von Wein, und sollte eine unweigerliche sein, aber eben nur eine. Für die Emotion, die gereifte, große Terroirweine Burgunds oder des Tals der Rhône auslösen können, wäre das jedoch zu wenig.
- Februar 2023 -
Mit den besten Grüssen
H. Kratz, Le Pinot Noir