Domaine Robert Chevillon, Nuits St.Georges
- Domänendirektimport seit Jg. 1995 -
„ Die Weine bei Chevillon haben mich vor allem deshalb verführt, weil sie von bemerkenswerter Frucht getragen sind, gekrönt von wirklicher Arbeit im Weinberg, aber auch durch einen langen und präzisen Faßausbau. Diese Frucht ..verbindet sich ideal mit dem Stoff hier. Das Finale des Geschmacks zeigt ein großes Lagerpotenzial. Die Weine finden sich darin pur, seidig und von solider Konstitution wieder. Der wahre schöne Wein ist vor allem saftig und erfrischend, wie hier.“
Emmanuel Delmas, Sommelier
Historie
Der Nebel der Vergangenheit läßt um 1900 den Blick frei auf Symphorien Chevillon, der beginnt eine 30a-Parzelle in Nuits St. Georges zu pflegen, von der er auch Cassis zu erzeugen verstand. Vom wenigen hier erzeugten Wein dürfte noch viel weniger verkauft worden sein! Es ist dann Eugène-Francois Chevillon (1887- 1943), der nach Weltkrieg I kleinere Anteile an - späteren, die heutige Klassifizierung erfolgte erst in den 30er Jahren - Premier Cru Lagen in Nuits St. Georges erwarb. Es ist eine Zeit, die das Auskommen vom Wein nicht sichert - Eugène-Francois findet seinen Lebensunterhalt auch als Kapellmusiker bei den Festen der Region.
1946, drei Jahre nach Eugène-Francois' Tod wird die Domäne auf die beiden Söhne Maurice und Georges aufgeteilt. Die Domäne umfaßt lediglich 3 ha als 1968 Maurice' Sohn Robert (*1938) beginnt an der Seite seines Vaters zu arbeiten. Gerade auch eingegangene Pachtbeziehungen (métayage/fermage) erlauben dann nach und nach die Vergrößerung der Domäne. 1977 wird dann zu dem Jahr auf der Domäne, in dem der Anteil der selbst verkauften Flaschen überwiegt. Erst diese Entwicklung führt zum Bekanntwerden der Domäne. Genaugenommen ist die Domaine Robert Chevillon also erst vierzig Jahre alt...
1961 hatte Robert seine jetzige Frau Christiane geheiratet. Die beiden haben zwei Söhne, Denis (*1963) und Bertrand (*1967), die seit 2003 nach dem Rückzug Roberts in den Ruhestand die Domäne gemeinsam führen.
Vitikultur
Das "Geheimnis" bei Chevillon ist, daß es keines gibt. Wenn etwa 70-110 Jahre alte Reben wie in Les Cailles, Les Vaucrains und Les St. Georges Kleinbeerigkeit Jahr für Jahr aufweisen, hohe phenolische Reife also die Regel ist, dann wundert das in Burgund niemanden. Wenn man auf der Welt ansonsten oft Reben dieses Alter gar nicht erst erreichen läßt, dann, weil man den Erträgen die Priorität einräumt, es sich also um eine andere Art der Vitikultur handelt.
Das Alter der Reben aller Lagen - mit Ausnahme des 1er Cru Perrières - erreicht bei Chevillon jene von den Zisterziensern als Voraussetzung für große Qualität angegebene Marke von 40 Jahren - natürliche Mengenbeschränkungen sind also das feste, unverrückbare Fundament der Exzellenz hier. Bekannt an der Côte de Nuits ist auch die ausgeprägte Weinbergsarbeit bei Chevillon, jene, die sich noch um jeden einzelnen Weinstock im Detail kümmert, etwas, was in den 70er und 80er Jahren auch in Burgund außer Mode kam. Mit den entsprechenden Folgen für die Güte.
Die Weinberge werden traditionell gepflügt, Herbizide und Pestizide sind außen vor, allerdings optiert man hier nicht für komplett organische Arbeit, gegen Krankheiten arbeitet man mit Kontaktmitteln. Die Ernte erfolgt traditionell per Hand. Ausgelesen wird im Weinberg wie dann auf dem Auslesetisch.
Vinifikation und Ausbau
Auch wenn man immer wieder Hinweise findet, die Domäne praktiziere keine Kaltmazeration und entrappe vollständig: beides ist falsch. Man kühlt hier den Most bis zu einer Woche herunter und verwendet zumeist einen - auch nach Wein unterschiedlich großen - Anteil der Stiele (niemals mehr als 25%). Was die alkoholische Fermentation angeht, legt man Wert darauf, daß die Temperatur 33° C nicht überschreitet, remontages und pigeages wechseln sich täglich ab. Die cuvaison vollzieht sich hier langsam und lange (in der Regel bis zu vier Wochen), die Post-Fermentation, befördert durch leichtes Chaptalisieren, fixiert die Farbe des Weines, führt die Tannine in größerer Komplexität zueinander.
Auch das anschließende Absetzen der gröberen Hefeteile (débourbage) nimmt einen langen ca. zehntägigen Zeitraum ein. In der Regel werden die Weine nach der malolaktischen Gärung, die sich hier oft erst spät im Frühjahr vollzieht, abgestochen, zuweilen - je nach Ergebnis der regelmäßigen Verkostungen - auch noch mal gegen Ende des Jahres. Die Weine werden auf der Domäne abgefüllt, dabei nicht geschönt, aber fallweise leicht gefiltert.
Der Ausbau erstreckt sich stets über zwei Winter (18 Monate), der Anteil neuen Holzes an den gesamten verwendeten Fässern übersteigt nicht 1/3.
Ausblick
Manchmal wird die Domaine Robert Chevillon als "traditionell" eingestuft, wobei das als Lob gemeint ist. Was auf der falschen Vorstellung gründet, Weinerzeugung bewege sich quasi seit jeher in einem fix und fertigen Rahmen. Tatsächlich hat sich die Vitikultur Burgunds stets entwickelt - wieviel hat etwa der vin de Bourgogne des Mittelalters, bestimmt für schnelle Konsumtion mit heutigen Weinen zu tun ? - , Praktiken wurden dabei immer wieder aufgegeben, weiterentwickelt oder technisch anders realisiert. Mit den heute technisch ausgereiften Entrappern oder vibrierenden Auslesetischen , die auch die Chevillons einsetzen, haben weder Mönche noch die Winzer des 19. wie 20. Jahrhunderts gearbeitet - es gab diese technischen Hilfsmittel schlicht nicht. Ebensowenig wie es vor Weltkrieg II eine "Beglückung" des Winzers seitens der chemischen Industrie mit Herbiziden oder Pestiziden gab.
Es ist eine Fiktion, der Historie eine großartig-abgeschlossen-stimmige Praxis zu attestieren. Man konstruiert sich so nur ein Ideal von Stimmigkeit, das tief in der Geschichte angeblich schon immer da war. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Wenn Burgund heute eine der aufregendsten Weinregionen überhaupt ist, dann deshalb weil die Winzer in der Spitze gerade nicht statisch ("auf der Domäne hat man dies schon immer so gemacht") agieren, sondern immer neue Ideen da sind, Dinge zum Besseren zu ändern. Und Techniken, die geprüft werden müssen. Chevillon macht hier keine Ausnahme - Denis u. Bertrand arbeiten nicht mehr genauso wie ihr Vater Robert - , auch wenn diese Domäne nicht in der ersten Reihe der Kommunikation von Neuerungen steht, man sogar gerne das idyllisierende Bild des "Traditionellen" pflegt...
Was die "besondere Finesse" der Weine Chevillons in Nuits St. Georges angeht, so ist es eher so, daß die Praktiken Anderer (Vinifizierung, fehlende technische Ausstattung) in der Appellation, die Rustikalität ihrer resultierenden Weine, die Resultate Chevillons so besonders machen. Nuits verfügt über sehr große Terroirs, aber dieser Größe entsprechend muß auch gearbeitet werden. Daß die Domäne Chevillon zusammen mit Gouges und Thibault Liger-Belair an der Spitze der Appellation liegt, ist der Beleg für die Qualität der Arbeit auf dieser Domäne.
Kenner können in diesen Fällen davon profitieren, daß die Reputation von Nuits geringer ist als die des benachbarten Vosne. Die besten Weine Nuits' stehen aber nur wenigen Weinen Vosnes nach, sind nur (noch) nicht erfaßt von Spekulation und Hype. Und gewinnen, wie die Weine Chevillons, ein hohes Maß an Komplexität im Alter.
Oktober 2016
„Die Weine von Nuits St. Georges ähneln jenen von Vosne-Romanée und haben denselben Rang, La Romanée und Richebourg einmal ausgenommen."
Dr. Jules Lavalle, Histoire et Statistique de la Vigne des Grands Vins de la Côte d'Or, 1855
„Chevillon könnte gut der Erzeuger No1 der Appellation sein, insbesondere...seit Denis und Bertrand die Domäne in 2000 übernommen haben....“
Neal Martin, The Wine Advocate Issue 210
„ Ich habe es schon früher gesagt und sage es noch einmal: Chevillon ist so sehr verläßlich wie nur irgendein anderer Erzeuger in Burgund oder auch anderswo es überhaupt sein kann. Hier kann man jeden Wein und jeden Jahrgang mit vollem Vertrauen kaufen.»
Claude Kolm, The Fine Wine Review, 2/2016