Olivier Merlin, La Roche Vineuse
- Domänendirektimport Jg. 1995 - 2011 -
„In meiner Sicht der Dinge kann großer Wein nur handwerklich, d.h. manuell entstehen. In den Parzellen unserer schönen Weinberge arbeiten wir ausschließlich manuell, ohne dabei die Stunden zu zählen."
Olivier Merlin
Das Mâconnais
In den 80er Jahren, als Corinne u. Olivier Merlin ihre Arbeit in La Roche Vineuse begannen, war es im Mâconnais alles andere als normal, die Böden der Weinberge zu pflügen, manuell zu ernten oder die alkoholische Fermentation im Eichenfaß wie an der Côte de Beaune durchzuführen. Es war eine absolute Ausnahme und geändert hat sich daran im Prinzip bis heute wenig - ein paar Domänen, die das Potenzial des Mâconnais ebenfalls erkannten, sind hinzugekommen. Das Mâconnais ist weiterhin von Kooperativen geprägt. Die Merlins, von Anfang an überzeugt, daß das Mâconnais große Weißweine erzeugen kann, waren nie der Auffassung vom notwendig 'kleinen Mâcon', von der auch heute noch die allermeisten Weininteressierten ausgehen, damit, das, was die Masse der Produktion ausmacht, falsch zu etwas notwendig Dürftigem machend. Nicht nur Olivier Merlin, aber dann nicht zuletzt er, hat gezeigt, welch' vollständige Weißweine im Mâconnais möglich sind.
Dies basiert natürlich darauf, daß bei ihm alles den Verfahren industrieller Weinbereitung widerspricht, also wird hier gepflügt (teils per Pferd) statt billigere Herbizide einzusetzen, man will schließlich die Lebendigkeit der Böden erhalten; man erntet manuell - was vielleicht noch 20 andere Domänen überhaupt im Mâconnais tun - , obgleich maschinelle Ernte ca. 4x günstiger ist -, man respektiert also die Frucht (und die Rebe) ; man läßt die natureigenen Hefen des Weinberges bei der Fermentation wirken, weil diese ihre Arbeit wie seit altersher tun können - allerdings nur wenn der Weinberg gesund und lebendig ist - es ist kein Zufall, daß industrielle Weinbereitung sich systematisch gekaufter Zuchthefen bedienen muß.
Auch in Sachen Additiven, gang und gäbe in der großen Weinproduktion, ist ein Merlin hoffnungslos und im allerbesten Sinne altmodisch, nicht einmal Säure setzt er hinzu ("balancierte Trauben muß man nicht korrigieren"). Schließlich verfügt Merlin im Unterschied zur technisch-industriellen Weinbereitung nicht über bis zum Höchstertrag getrimmte Reben oder einen per Kalium (ein echter 'Säurefresser') gedüngten Weinberg. Das Thema Azidifizierung zeigt übrigens sehr schön, daß man die Natur an manchen Stellen eben nicht umgehen kann, denn nach der Fermentation zugesetzte Weinsäure, obgleich chemisch identisch mit der in der Traube vorhandenen Säure, baut sich im Unterschied zu dieser im Laufe der Jahre nicht ab, markiert den Wein aber auch früh schon als unbalanciert.
Das Beaujolais
Ebenso überzeugt wie vom Potenzial der Weißweine des Mâconnais ist Merlin (sein Erfolg ist auch der seiner Frau Corinne) vom Potenzial der Crus des Beaujolais. Während Merlin mit seinen Weißweinen eher Neuland betreten hat, ist es in Sachen Beaujolais eine Wiederanknüpfung an frühere Größe, denn nach dem Siegezug des Beaujolais Nouveau wird gerne vergessen, daß die Crus dieser landschaftlich hinreißenden Weinregion einst en pair mit den größten Weinen Frankreichs waren, auch preislich: "In einem guten Beaujolais findet man alles: Struktur, Frucht, Samtigkeit des Stoffes, Komplexität. Man weiß, daß das Potenzial da ist. Ein wenig habe ich dasselbe Gefühl wie bei meiner Ankunft im Mâconnais. Es ist unschön zu sehen, daß dies alles (Produktion, Güte und Kommerzialisierung des Beaujolais. Der Verf.) in einem schwierigen Zustand ist...Ich denke nicht, daß die Lösung darin liegt, an den Kosten der Produktion zu sparen: zu mechanisieren, weniger Pflanzdichte zu haben usw. Der Gamay ist eine Rebsorte, der eine große Pflanzdichte sowie Strenge der Reberziehung braucht, damit er schöne Trauben ergibt."
Warum die Zusammenarbeit mit Olivier Merlin zu Ende ging
Unsere Favoriten unter den Weißweinen waren hier stets der St. Véran 'Le Grand Bussière', dem die Südexposition stets viel Akzessibilität und ein großes aromatisches Spektrum verschafft, die Mineralität des Bodens sich dann in Frische im Finale bemerkbar macht, der außerordentliche Mâcon La Roche Vineuse 'Les Cras' von einem kalksteinaktiven Boden, den man nicht vor dem dritten Jahr trinken sollte, sowie der wundervolle Pouilly-Fuissé 'Clos des Quarts', der illustrierte, warum Pouilly-Fuissé ein kompletter weißer Burgunder sein kann.
Nach dem gemeinsamen Erwerb des Château des Quarts durch Dominique Lafon und Olivier Merlin wurden wir vom Pouilly-Fuissé 'Clos des Quarts' ausgeschlossen, da Lafons aggressiver deutscher Importeur auf Exklusivität bestand. Kein Zugang mehr zum komplettesten Wein Oliviers, den wir von Beginn an ins Angebot genommen hatten, mithin. Aber auch die Entwicklung der 2011er Weißweine ließ uns enttäuscht zurück: matt und mangelnd frisch, weitgehend ohne jenes mineralische Rückgrat, das den Weißweinen des Mâconnais Form geben muß, auch eine Spur alkoholisch, war - zumindest in 2011 - die Klasse früherer Jahre nicht mehr sichtbar. Wir wollen aber ausschließlich Domänen im Angebot, die in jedem Jahr Referenzen in ihren Appellationen sind.
Was blieb, war mithin der sehr überzeugende Moulin à Vent 'La Rochelle' aus sehr alten Reben, der belegt, warum Moulin à Vent um 1900 ähnlich bepreist war wie Frankreichs allergrößte Weine. Eine Domäne allerdings mit nur einem einzigen Wein zu repräsentieren, entspricht nicht unseren Vorstellungen.
Juli 2017
„Der Wein ist eine Suche. Man sucht den heiligen Graal. Man nähert sich ihm, aber man sieht ihn niemals."
Olivier Merlin